Erstmal vorweg, in Alice Springs merkten wir ganz deutlich, dass im Northern Territory strenge Alkoholregularien herrschen. Bottleshops, die erst ab 14 Uhr nachmittags öffnen, dann sitzen da auch noch Polizisten drin, die einen beobachten und man muss unbedingt seine ID (Ausweis, Reisepass oder Führerschein) dabei haben, sonst gibt es gar nichts. Ja hier merkt man deutlich, dass es in Australien ein Alkoholproblem gibt. Ansonsten ist Alice eine Stadt wie jede andere, sie ist weder besonders schön noch besonders hässlich. Sie sticht allerdings heraus als eine der gefährlichsten Städte Australiens, was bei einer Einwohnerzahl von gerade mal 27.000 schon etwas beachtliches ist. Jedenfalls warnt das Auswärtige Amt sogar und man soll als Tourist in Alice ein bisschen Vorsicht walten lassen (uns ist nichts passiert).
Dafür, dass die Stadt an einem der früher unerreichbarsten Orte Australiens gewachsen ist, gibt es hier aber trotzdem mittlerweile so ziemlich ALLES. Das Gefühl, irgendwo im Nirgendwo zu sein, ist irgendwann (leider) abhanden gekommen.
Deutsch-französische-Freundschaft und ein mutiger Radler
Davon einmal abgesehen, fanden wir in Alice einen sehr günstigen, wenn auch staubigen, Campingplatz für 15 AU$/Nacht. Dort schlossen wir auch gleich Bekanntschaft mit unserem Campingnachbar aus…. ratet mal… genau: Frankreich, und auf der anderen Seite mit einem japanischen Radler, der von Adelaide bis Darwin radeln wollte. Wir verbrachten 2 Abende bei Rum und Bier und hörten uns Geschichten aus Frankreich und Japan, was für uns besonders interessant war, an.
In Alice selbst erkundeten wir natürlich die, entgegen den Erwartungen, grüne Innenstadt und des Weiteren das Central Australia Museum sowie das Flugzeugmuseum. Außerdem begaben wir uns zu Fuß auf Ersatzteilsuche für Friedrich und legten dabei um die 12 km in der Stadt zurück.
Zwischendurch genossen wir die Abkühlung im campingplatzeigenen Pool (welch ein Luxus).
“Ich will ein Schwarzpfoten-Felskänguru sehen!”
Nach 4 Tagen hatten wir von der Stadt in der Wüste genug und so suchten wir die MacDonnell Ranges auf. Das ist eine Bergkette die sich von Alice Springs aus gesehen in westliche und in östliche Richtung erstreckt. Wenn man die West MacDonnell Ranges entlangfährt kann man dann weiter zum Kings Canyon und von da aus zum Uluru fahren, quasi in einem großen Bogen von ungefähr 700 km. Und genau das war unser Plan.
Unser erstes Ziel in den Ranges war Simpsons Gap (Gap = Spalte) ca. 18 km westlich von Alice Springs. Wie der Name schon sagt, ist es eine Kluft zwischen zwei Bergketten, an deren Grund sich ein tiefes kaltes Wasserloch befindet. Dieses wird gesäumt von großen Geröllhaufen, die den perfekten Lebensraum für das Schwarzpfoten-Felskänguru (black-footed rock-wallaby) bilden. Gesehen haben wir hier leider keines, vielleicht weil wir mitten am Tag hier waren.
Wir übersprangen Standley Chasm und fuhren gleich zum Ellery Creek Big Hole, was Simpsons Gap eigentlich ziemlich ähnlich war, nur dass das Wasserloch um einiges größer und zum Schwimmen freigegeben war. Deswegen waren wir hier natürlich nicht die einzigen. Aber das Wasser war so dermaßen kalt, dass wir wirklich nur eine ganz kleine Runde schwammen und auch gleich wieder draußen waren. Wir machten dann noch Bekanntschaft mit einem deutschen Pärchen aus Thüringen bzw. Ottendorf (bei Mittweida) in Sachsen. Wir trafen uns später wieder auf einer Restarea und tauschten uns über unsere jeweiligen Reiseerfahrungen aus. Es war schön mal wieder ein bisschen in unserer Muttersprache bzw. sogar in unserem Dialekt zu erzählen. Außerdem haben wir ein paar wertvolle Tipps für Kanada erhalten, zumindest was das Aufeinandertreffen mit Bären angeht.
Vorher ging es für uns beide aber erst noch zur Serpentine Gorge mit einem sagenhaften, aber sehr steilen Weg zu einem Aussichtspunkt. Hier durften wir wieder einmal den Anblick der rot leuchtenden Felsen im goldenen Schein des Sonnenuntergangs genießen. Ein Anblick, der wahrscheinlich australientypisch ist. Es ist tatsächlich so, dass Felsen nicht gleich Felsen sind, sie verändern je nach Sonnenlichteinfall ihre Farbe und damit auch irgendwie ihr Aussehen, was man noch besser am Uluru beobachten kann.
Der nächste Tag war einfach nur heiß und staubig. Wir schafften es gerade so, uns die Ochre Pits anzuschauen, die eine besondere Bedeutung für die Aborigines haben, denn hier haben die männlichen Vertreter Jahrtausende lang das Material für ihre Farben gewonnen. Alles in allem ist es zu Tage liegendes Ocker in 3 verschiedenen Tönen: Weiß, Gelb, und rötlich – sozusagen regenbogenfarben.
Gegen Mittag suchten wir uns ein Plätzchen auf dem Ormiston Gorge Campground und dann begann das Drama. Es wurde immer heißer, fast unerträglich. Jojo ging es so schon nicht gut und die Hitze tat ihr übriges. Zu allem Überfluss wehte auch noch ein starker fönartiger Wind, der die ganze Zeit Staub und Dreck auf dem Campingplatz hin und her wirbelte. Es war wirklich kaum zum Aushalten. Irgendwie schafften wir es, den Tag zu überstehen, und wanderten gegen Abend, als es endlich etwas kühler wurde, noch zum Aussichtspunkt.
Am nächsten Tag klingelte der Wecker schon 5.30 Uhr, denn heute hatten wir vor, den Pound Walk zu wandern. Und siehe da, das “schöne” Wetter vom Vortag hatte sich verabschiedet. Der Himmel zeigte sich wolkenverhangen und die Temperaturen wandermäßig gesehen absolut gigantisch. Also zogen wir gegen 7 Uhr los und wanderten in aller Seelenruhe und völlig allein den ca. 7 km langen Trail und kamen in den Genuss von fantastischen Ausblicken. Ab und zu blinzelte sogar die Sonne durch, was für die Fotos ganz gut war. An diesem Tag waren wir ausnahmsweise mal happy über “schlechtes” Wetter, weil es sich so einfach wandern ließ. Um 10 Uhr waren wir dann auch schon fertig mit der Wanderung und daher hatten wir noch genug Zeit uns die Redbank Gorge, etwas weiter westlich, anzuschauen. Und hier hatten wir dann eeendlich Glück, wir sahen, zwar versteckt zwischen den ganzen Felsen und vor dem Eingang einer winzigen Höhle sitzend, ein Schwarzpfoten-Känguru. Vorher hatten uns glücklicherweise 2 Französinnen den Tipp gegeben, die Augen offen zu halten, sonst wären wir wahrscheinlich an diesem possierlichen Tierchen vorbei gerannt.
Gegen Nachmittag gelangten wir dann zum Tylers Pass Lookout. Von hier aus hatten wir den Blick auf die Ebene, die sich hinter den Ranges erstreckte, und mitten drin gab es eine Erhebung von ringförmig angeordneten Bergen. Dieses Phänomen ist extraterrestrischer Herkunft, entstanden durch einen Kometeneinschlag. Nachdem wir einen Platzregen abgewartet hatten, fuhren wir dann noch zu diesem Krater, um uns die Sache mal von Nahem anzuschauen. Innen konnte man 2 kleine Wanderungen machen und erhielt dabei Informationen über die (vermutlichen) damaligen Verhältnisse. Wenn man bedenkt, welche Wucht so ein Einschlag haben muss, um Dreck und Gestein bewegen und letztendlich solche Berge entstehen lassen zu können, dann wird man ganz klein und ehrfürchtig vor so einer Naturgewalt.
Heiß und Kalt
Am nächsten Tag stand uns die Anfahrt in die Nähe des Watarrka Nationalparks bevor. Um dort hin zu gelangen mussten wir eine Gravelroad namens Mereenie Loop befahren, die sich in Privatbesitz befindet und nur mit Erlaubnis befahren werden darf. Die Permit hatten wir uns in der Glen Helen Station für 6 $ geholt. Wir ließen also wieder ein wenig Luft aus unseren Reifen entweichen und machten uns auf den Weg. Wir hatten schon so einiges über den Zustand der Straße gehört, vor allem dass es richtig schlimm und stark geriffelt sein soll. Nunja, unser Eindruck ist jetzt nicht der schlechteste gewesen. Aber gut, wir sind vielleicht schon erfahrungstechnisch fortgeschritten.
Was allerdings wirklich zu wünschen übrig ließ, war mal wieder das Wetter. Wir hatten unser Nachtlager auf einem Lookout, der auch als Restarea diente, eingerichtet und dort verbrachten wir auch den ganzen Nachmittag. Wolken, Sonne und Regen wechselten sich irgendwie ständig ab, aber dann kam auch noch ein schöner Sturm mit Gewitter hinzu. Das war für Jojo zu viel des Guten. Wir mussten unser Dachzelt wieder einklappen und unsere Notmatratze kam zum Einsatz. Die wurde im Auto auf der Rücksitzbank platziert, die Vorhänge zugezogen und wir quetschten uns dann zu zweit auf die hintere Reihe. Na das war ein Schauspiel. Zum Glück konnte das niemand sehen! Nein, im Ernst, wir hatten kaum Platz und wussten nicht, wie wir liegen sollten, es war also eine richtig besch***** Nacht! Ein bisschen frustriet blinzelten wir am nächsten Tag durch die Vorhänge. Vom Wetter her hatte sich nicht so viel geändert, es war immer noch grau in grau. Aber zumindest kein Donner mehr. Wir fuhren also in Richtung des im Nationalpark gelegenen Kings Canyon, versuchten im Carpark ein bisschen WiFi abzuzapfen und überlegten hin und her, was wir nun mit diesem Tag anfangen sollten. Es gab dann erstmal selbstgemachtes Frühstück in der Picknickarea, wo wir einen Tisch mit Überdachung fanden, während es um uns herum weiter nieselte. Mehr konnten wir diesem Tag dann doch nicht abgewinnen, also fuhren wir zurück zum Freecamp. Hier guckte dann endlich wieder die Sonne durch die Wolken, was für uns Anlass genug war, noch einen kurzen Spaziergang entlang der Klippen zu machen.
Am nächsten Tag wagten wir erneut einen “Angriff” auf die George Gill Ranges, denn wir hatten den Kings Canyon Rim Walk ins Auge gefasst, also den Rundweg auf dem Plateau entlang der tiefen Schlucht des Kings Canyon. Doch zunächst führte uns bei noch kühlen Temperaturen ein kurzer bequemer Weg in den Canyon hinein, der aber auf halber Strecke wegen herabgestürzten Felsen gesperrt war. Unsere Begeisterungsstürme hielten sich also noch in Grenzen. Nagut, Kräfte gesammelt und weiter ging es. Der Rim Walk startet mit einem sehr, sehr, sehr steilen Aufstieg. Oben angekommen, waren wir ganz schön aus der Puste. Während wir uns akklimatisierten und uns umschauten, konnten wir bereits einen kleinen Eindruck vom Canyon-Ausmaß gewinnen.
Achtung: Der Kings Canyon Rim Walk wird an heißen Tagen ab 9 Uhr geschlossen.
Anschließend führte der Weg über Stock und Stein und durch eine Art Mondlandschaft. Oder sagen wir, es sah um uns herum aus, als stünden überall versteinerte Bienenkörbe. Es ging weiter zu verschiedenen Aussichtspunkten und dabei richtig nah an die Felskante des Canyons. Also bloß keinen falschen Schritt machen und schön aneinander festhalten. Der Ausblick auf die gewaltige Schlucht war einfach phänomenal! Auf der gegenüberliegenden Seite sah man die riesige senkrechte Abbruchkante, während man selbst auf einer überhängenden Wand nah am ungesicherten Abgrund stand.
Der Weg führte weiter über einige Holztreppen hinunter in eine Schlucht und von da aus konnte man einen Abstecher zum Garden of Eden machen. Das ist ein unberührtes Wasserloch zwischen Palmen gelegen, wo sich die Tierwelt zum Trinken versammelt. Wenn man noch nie eine Gorge in Australien gesehen hat, ist es sicher ein idyllischer und beeindruckender Ort, für uns ein netter Platz zum verschnaufen, bevor es dann wieder ein paar Holztreppen steil hinaufging, um die zweite Hälfte des Trails zu bewältigen. Während sich die Sonne durch die Wolken kämpfte, spürten wir auch schon, dass es wärmer wurde. Zum Glück hatten wir genug Wasser dabei. Von hier oben war die Sicht wieder bemerkenswert und wir sahen, auf welchen Steilwänden wir erst wenige Minuten zuvor, auf der anderen Seite des Canyons, gestanden hatten. Da wird einem schon etwas mulmig in der Magengrube. Weiter ging es durch die Bienenkorbmondlandschaft zur letzten Etappe. Wir beendeten die Wanderung dann mit schmerzenden Füßen und Knien, da der allerletzte Abschnitt eine ganze Weile treppab führte und das ja bekanntlich kniebelastender ist als ein Aufstieg. Zum Abschluss füllten wir unseren Wasserhaushalt an den –kostenfreien- Trinkwasserspendern am Ende (bzw. am Anfang)des Weges auf.
Geschafft, aber dennoch glücklich und zufrieden, ließen wir uns in die Autositze plumpsen.
Die Fahrt in Richtung unseres nächsten Zieles, na ihr ahnt es schon: Uluru im Kata Tjuta Nationalpark, nahmen wir dann auch noch in Angriff.
Liebe Grüße
Tom & Jojo